Werkstatt in Oranienburg: Bessere Rahmenbedingungen in der Kommunalpolitik
Noch immer ist die Kommunalpolitik durch lange Sitzungszeiten, viel Vorbereitungszeit, raue Umgangstöne und historisch gewachsenen Strukturen und Kulturen geprägt. Gerade diese Rahmenbedingungen machen es insbesondere Frauen schwer, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren. Um mehr Frauen in die Politik zu bringen, müssen somit bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Am 8. November 2022 haben sich daher Kommunalpolitiker*innen, Kommunalverwaltungsangestellte und politisch interessierte Frauen getroffen, um sich unter der Leitung von Expertin Cécile Weidhofer (EAF Berlin) über Rahmenbedingungen in der Kommunalpolitik auszutauschen und insbesondere Hürden in der Regionen Oberhavel mit der Stadt Oranienburg zu erkennen und Lösungsstrategien zu erarbeiten.
Nach einleitenden Worten unter anderem von Landrat Alexander Tönnies, dem Bürgermeister der Stadt Oranienburg, Alexander Laesicke, und Dr. Martina Gräfin von Bassewitz (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), sprachen die Kommunalpolitikerinnen Sabine Fussan (SPD), Birgit Tornow-Wendland (CDU) und Julia Schmidt (Büdnis90/Die Grünen) in einem Talk über ihre Erfahrungen in der Kommunalpolitik: Welche Hürden gibt es? Welche Strategien können dazu führen, dass sich Frauen in der politischen Kultur willkommener fühlen? Was motiviert, sich politisch zu engagieren? So wurde der hohe unentgeltliche Zeitaufwand, aber auch das Absprechen von Kompetenzen als große Hürde aufgezeigt. Deutlich wurde aber auch: Es lohnt sich in die Politik zu gehen, denn hier kann man etwas bewegen und verändern! Besonders hervorgehoben wurde hierbei die Bedeutung von Netzwerken und Solidarität unter Frauen.
Nach einem Input von Cécile Weidhofer über Handlungsempfehlungen zur Veränderung politischer Strukturen und Kulturen, tauschten sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen zu den Themen „Kommunikations- und Diskussionskultur mit Respekt“, „Flexible Sitzungsstrukturen“ und „Umgang mit Hass und Hetze in der Kommunalpolitik“ aus.
Wie kann Kommunalpolitik attraktiver gestaltet werden? Identifikation von Hürden
Hierbei haben sich besonders fünf Bereiche herauskristallisiert, die in den Blick genommen werden müssen, um den Frauenanteil in der Kommunalpolitik zu erhöhen und Kommunalpolitik insgesamt attraktiver zu gestalten: Sitzungskultur und -struktur, Kommunikation und Umgang miteinander, Anfeindungen und Sexismus, Zusammenarbeit mit der Verwaltung sowie Zeit und Vereinbarkeit.
Als Lösungsstrategien wurden hier unter anderem hybride Sitzungen, die Festlegung von Zeitrahmen sowohl bei der Sitzungsdauer als auch bei der Redezeit erarbeitet. Im Rahmen der Überlegungen wurde auch bereits eine Lösung umgesetzt: Im Sitzungssaal befinden sich nun an verschiedenen Stellen große Uhren, damit die Redezeiten besser im Blick bleiben. Dies ist ein kleiner aber bereits sehr wirkungsvoller Schritt gewesen.
Für eine Verbesserung des Umgangs miteinander, wurden unter anderem Kommunikationstrainings für einen kooperativen und wertschätzenden Kommunikationsstil und Leitfäden für respektvollen Umgang vorgeschlagen. Beim Thema Anfeindungen und Sexismus wurden Frauennetzwerke und parteiübergreifende Solidarität als wichtig erachtet, ebenso Sensibilisierung durch Awareness-Regeln, das Öffentlich-machen von Anfeindungen und juristische Begleitung. Für eine bessere Zusammenarbeit mit der Verwaltung wurde besonders Wissenstransfer und Transparenz hervorgehoben. Lösungsstrategien für das Vereinbarkeits- und Zeitproblem waren unter anderem Angebote für die Kinderbetreuung stellen, Erhöhung der Aufwandsentschädigung oder auch Rentenpunkte für das kommunalpolitische und meistens ehrenamtliche Engagement.