Spielregeln ändern: So wird politisches Engagement für Frauen leichter
Werkstattgespräch diskutiert Lösungsansätze
Lange Sitzungen am Abend, viel Vorbereitungszeit und historisch gewachsene Strukturen: Insbesondere für Frauen ist es nach wie vor schwer, sich politisch zu engagieren. Doch wie können wir den Weg für mehr Frauen in der Politik bereiten? Eine mögliche Antwort: Die Rahmenbedingungen in der Kommunalpolitik müssen sich so verändern, dass politisches Engagement für alle leichter wird.
Wie das in ihrer Region umgesetzt werden kann, haben am 17. September 2022 knapp 25 erfahrene Politiker*innen und Interessierte des Ennepe-Ruhr-Kreises in der Stadt Gevelsberg diskutiert.
Mit einem Fachvortrag von Prof. Dr. Elke Wiechmann von der Fernuniversität Hagen bekamen die Teilnehmer*innen zunächst einen Einblick, wie viele Frauen tatsächlich im Ennepe-Ruhr-Kreis in den Stadträten vertreten sind. Viele der Anwesenden konnten durch die eigene Erfahrung unmittelbar bestätigen, welche Effekte die Unterrepräsentanz in den jeweiligen Stadträten mit sich bringt. Außerdem machte Frau Dr. Wiechmann auf Faktoren aufmerksam, die das politische Engagement von Frauen vor und während des Mandates hemmen.
So wird die politische Arbeit für Frauen möglich
Unter der Leitung von Dagmar Wirtz, Politikwissenschaftlerin, Soziologin und Systemische Moderatorin, haben die Teilnehmenden im Anschluss mögliche Lösungsstrategien zusammengetragen:
Nominierung: Gleichberechtigung praktizieren, indem Parteilisten abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt werden. So erhalten Frauen die gleichen Chancen, auf erfolgreichen Listenplätzen zu landen und damit in die Parlamente einzuziehen. Auch Wahlrechtsreformen wurden rege diskutiert, um Bürger*innen mehr Wahlmöglichkeiten zu geben.
Ansprache und Motivation: Parteien sollten niedrigschwellige Beteiligungsmöglichkeiten schaffen, um mehr Austausch mit Interessierten zu ermöglichen. Dazu sollten sie sich Strategien überlegen, die Männer als Verbündete aktiv mittragen.
Sitzungskultur und Arbeitsweise: Die Rede- und Sitzungskultur wurden als entscheidende Faktoren angesehen, damit Frauen sich willkommen und wertgeschätzt fühlen können. Vereinbarungen zu den gemeinsam festgelegten Spielregeln und entsprechende Schulungen können hier Abhilfe schaffen.
Unterstützungsangebote: Die Teilnehmenden stellten (Kinder-)Betreuungsangebote und konkrete Ansprechpersonen als am dringendsten benötigte Maßnahmen dar. Hier sind neben den offiziellen Angeboten auch faire partnerschaftliche Aufteilungsmodelle im Privaten gefragt. Konkrete Ansprechpartner*innen und Mentoring-Programme können außerdem zur Willkommenskultur beitragen und erleichtern den Einstieg und das sich Zurechtfinden in den Strukturen.
Bekanntheit: Um Chancengleichheit bei der Wahl zu ermöglichen, muss die Bekanntheit von Frauen in der (Kommunal)Politik ganz konkret vor Ort gefördert werden. Dazu müssen Politikerinnen und Kandidatinnen Plattformen geboten werden, Frauen gleichermaßen repräsentiert werden und Vorbilder müssen sicht- und nahbar gemacht werden.
Erfahrungsaustausch mit der Praxis
Zum Abschluss berichtete die Landtagsabgeordnete Ina Blumenthal (SPD) von ihren Erfahrungen aus der Praxis.
Auch sie bekräftigte, dass sich in den genannten Problembereichen etwas tun muss. Dabei stellte sie besonders heraus, wie jede Frau in der Politik hier unmittelbar selbst aktiv werden kann, indem Frauen sich gegenseitig Bühnen bauen, öffentlich loben und Vorschläge aufgreifen.
Sie plädierte außerdem dafür, sich gegenseitig nachzuziehen, indem man interessierte Frauen zu Terminen oder in Netzwerke mitnimmt. Auch Angebote wie Mentoring- oder Weiterbildungsprogramme zu nutzen, um sich auch selbst mehr zuzutrauen, können zentral sein, um sich für ein Amt zu entscheiden oder in dessen Ausübungen unterstützt zu fühlen.